Neben Hamburg und Zürich gehört Amsterdam zu meinen Lieblingsstädten in Europa, die ich immer wieder gerne auf’s Neue erkunde. Am letzten November-Wochenende war es wieder soweit und ich besuchte eine Freundin, die seit Juni ein Praktikum nahe Amsterdam macht und noch bis Mitte Dezember etwas außerhalb des Zentrums lebt – ehe sie für 3 Monate durch Südostasien reist. Wie schon Anfang des Monats in Kopenhagen hatte ich auch für diesen Trip ziemlich genau 36 Stunden zur Verfügung, aus denen ich das meiste herausholen wollte, ohne mich zu sehr abzustressen. Mit nur 3 Stunden Schlaf dazwischen, wurden die beiden Tage auch tatsächlich sehr lange …

Ich nahm also erneut den ersten Flieger am Samstagvormittag und landete pünktlich um 9 Uhr in Schiphol. Mit dem Zug ging’s erstmal zum Hauptbahnhof, von wo aus ich mit einer Tram direkt nach Steigereiland weiter fahren wollte. Obwohl ich schon ein paar mal in Amsterdam war, war es für mich bislang nicht nötig, ein weiteres öffentliches Verkehrsmittel außer dem Zug zu benutzen, um im überschaubaren Zentrum herumzukommen. Daher staunte ich nicht schlecht, als ich das Ticket-System in den Trams und Bussen allmählich begriff: Einsteigen ist nur an der ersten und dritten Türe möglich (in Bussen nur vorne), da neben dem Fahrer auch noch eine zweite Person in einer separaten Kabine sitzt, die nicht nur die Tickets verkauft, sondern auch kontrolliert, ob auch wirklich jeder Fahrgast eine gültige Karte besitzt und via Scanner „eincheckt“. Eine 24-Stunden-Karte kostet 7,50 Euro und zahlt sich auf jeden Fall aus, wennn man mehr als 2 Fahrten einplant. Die 1-Stunde-Karte kostet nämlich 2,80 Euro. Da es soetwas wie Monatskarten hier nicht gibt, wird es für Einheimische zum Teil richtig teuer: Sie laden Guthaben auf eine Karte, ähnlich der Oyster-Card in London, und zahlen pro Check-In eine Grundgebühr von 60 Cent, sowie eine weitere Gebühr je nach zurückgelegter Strecke. Vergisst man auszuchecken, werden einem gar 4 Euro abgezogen. Schwarzfahren ist somit in Amsterdam unmöglich, wenngleich dafür ein ziemlicher Aufwand betrieben wird, um dies zu verhindern. Da versteht man auch, warum das Fahrrad hier das Fortbewegungsmittel erster Wahl ist.

Nach einer Viertelstunde Fahrt mit der Tram kam ich schließlich auf Steigereiland an, von wo aus Kathi mich abholte. Steigereiland ist dabei der Name der ersten Insel und zugleich Station, die auf dem künstlich aufgeschütteten und Richtung dem IJmeer vorgelagerten Inselstadtteil IJburg liegt. In den letzten 10 Jahren entstand hier eine völlig neue Wohngegend, wo mittlerweile knapp 50.000 Menschen leben. Kathi wohnt zur Untermiete in einem Backstein-Reihenhaus mit kleinem Garten. Dort angekommen, frühstückten wir erstmal Croissants und hatten uns bei einer warmen Tasse Tee genug zu erzählen, um glatt auf die Uhrzeit zu vergessen. Immerhin hatten wir uns seit Mai nicht mehr gesehen. Mittags machten wir uns zunächst mit der Tram auf in Richtung Festland, ehe es dann doch ein längerer Spaziergang zum Dappermarkt wurde, der vom National Geographic Traveler bereits 2007 zu den Top 10 Einkaufsstraßen der Welt gewählt wurde. Kathi war zwar selbst noch nicht dort, allerdings sei der Tagesmarkt besonders authentisch für Holland und wir überwiegend von Einheimischen besucht. Neben eher unspektakulärem Kitsch und billiger Kleidung, warten aber auch echte kulinarische Leckerbissen darauf, von den Besuchern und Einkäufern verspeist zu werden. Wir entschieden uns schließlich für einen kleinen Zwischensnack und kauften eine Art „Kartoffelspiralen am Spieß“, bevor wir weiter über den Markt schlenderten.

Allmählich bekamen wir aber richtigen Hunger, also bogen wir um’s Eck zum nächsten Geheimtipp: Das Lokal De Biertuin (Linnaeusstraat 29) hat erst vor wenigen Wochen eröffnet und verfügt über einen Bier- & Gastgarten mit großen Schirmen, die im Winter nicht vor der Sonne schützen, sondern – dank integrierter Heizstrahler – wärmen sollen. Die Schirme waren an diesem Nachmittag jedoch noch abgespannt, also machten wir es uns drinnen im Lokal gemütlich – und bestellten erstmal Burger, statt halbe Grillhendl, die hier laut Kathi auch sehr empfehlenswert sein sollen.

Danach nahmen wir abermals die Tram und fuhren weiter zum Centraal, dem Hauptbahnhof. Von dort aus wollten wir zu Fuß in die Negen Straatjes (Neun Straßen), einem Viertel im Grachtengürtel mit kleinen Geschäften und Bars. Dort kamen wir jedoch nie an, da wir stattdessen im wahrsten Sinne unseren Nasen und dem süßlichen Kakao-Duft einer nahegelegenen Schokofabrik in Zaanstad folgten. Am Weg Richtung Westerpark kamen wir an der Tea Bar (Haarlemmerdijk 71) vorbei, aus der es ebenfalls köstlich nach den verschiedensten (Rooibos-)Teesorten duftete. Wichtig: Unbedingt Kreditkarte mitnehmen, hier wird kein Bargeld akzeptiert 😉 Für Foursquare-Newbies gibt es übrigens -10% Rabatt, was ich leider erst beim Weitergehen bemerkt habe. Nur ein paar Schritte weiter stolperten wir in die Posthoornkerk (Haarlemmerstraat 124-126), in der gerade eine holländisch-litauische Kunstausstellung samt Live-Musik und nationalen Speisen stattfand. Ein tolles Ambiente in mitten einer Kirche, an der wir ansonsten vermutlich vorbeigegangen wären.

Wieder im Freien folgten wir weiter dem süßlichen Duft, der immer intensiver wurde, und fragten sicherheitshalber zwei Mädls auf Englisch, ob sie denn wüssten, woher der Duft genau komme. Taten sie zwar nicht, dafür kam heraus, dass wir uns genauso gut in unserer Sprache unterhalten hätten können: Sie kamen aus Deutschland 😉 Im nahegelegenen Westerpark erhielten wir schließlich von einem Amsterdamer die Antwort auf unsere brennende Frage: Die Firma Verkade produziert und veredelt Schokolade im Vorort Zaanstad, so dass man den Kakao-Duft an manchen Tagen in der halben Stadt riechen kann. Der Ungewissheit ein Schnippchen geschlagen, ging es weiter in die angrenzende Westergasfabriek. Dort fand zu unsrem Glück gerade der NeighbourFood Market statt und spätestens hier wussten wir, dass wir „richtig“ waren: Amsterdam aus der Sicht eines Locals erleben, nicht als Tourist! Das war auch mein Ziel dieser Reise, an dem ich mich bereits nach wenigen Stunden in der Stadt angekommen fühlte. Von zwei Amsterdamer Filmproduzenten initiiert, gibt es auf diesem Food- & Fleamarket neben allerlei holländischer Spezialitäten auch viel Internationales aus Portugal (Duck Fat), Frankreich (Austern) und Italien. Draußen tranken wir Gluhwein und ziemlich süßen Rumpunch, machten Fotos mit einem überdimensionalem Affen und genossen den frühen Abend.

Später machten wir uns wieder auf den Rückweg zu Kathi’s Haus. Da wir noch ein paar Stunden Zeit bis zur Neonsplash Party hatten, setzten wir uns gemütlich auf die Wohnzimmer-Couch und schauten uns Fotos aus längst vergangenen FH-Zeiten an. Kathi und ich kennen einander seit über 6 Jahren und wie man an den alten Fotos sieht, haben wir uns auch ziemlich verändert. Kurz nach 22 Uhr warfen wir uns in Schale und zogen uns ganz in weiß an. Schließlich sollte die Nacht noch ziemlich „bunt“ werden.

Neonsplash ist nämlich eine Veranstaltungsreihe, die ursprünglich in Deutschland startete, und an diesem Wochenende erstmals auch in Amsterdam Station machte, um die Heineken Music Hall mit elektronischer Musik und sehr sehr viel Farbe zu erfreuen 😀 Begleitet wurden wir außerdem von einer weiteren Kathi aus Finnland. Das Video zum Event in Amsterdam ist zwar noch nicht online, aber auch in Hamburg ging es wohl Anfang November sehr ähnlich zu:

Wir feierten die ganze Nacht und obwohl ich am Samstag bereits um 5 Uhr aufgestanden bin, war ich nach 24 Stunden auf den Beinen noch immer nicht müde und hätte wohl noch bis zum Ende durchgehalten, wäre der Heimweg nicht so weit (knapp 1,5 Stunden). Nach 3 Stunden Schlaf im Gästebett war ich auch schon wieder wach und machte uns Frühstück. Den Sonntag wollten wir gemütlich angehen, also schnappten wir uns zwei Fahrräder und radelten mal „kurz“ zum Strand – da daraus ein halbtägiger Ausflug wurde, erzähle ich dir in einem weiteren Beitrag noch mehr davon. Erstmal gibt’s noch mehr bunte Fotos 🙂

Florian Figl

6 Kommentare

    • Hallo Katharina (noch eine 😉 ),

      oh ja, und das alles an nur einem Tag. Bin gerade dabei, über den Radausflug nach Muiden zu schreiben. Da kommt diese Woche auch noch ein Beitrag samt Fotos. Sei gespannt! 🙂

      Lieben Gruß aus Wien,
      Flo

  1. Ja, so ähnlich hätte mein Bericht auch werden können über Amsterdam ohne Kind. Sieht aus als hättet ihr eine tolle Zeit gehabt. Alles aus Amsterdam rausgeholt was geht 🙂

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